Urteil – Deutschland
Im gerichtlichen Verfahren ist ein Urteil die in der Regel instanzerledigende Entscheidung über den Streitgegenstand, die das erkennende Gericht zumeist auf Grund einer mündlichen Verhandlung erlässt. In der Strafgerichtsbarkeit ist die mündliche Verhandlung aufgrund des Mündlichkeitsgrundsatzes grundsätzlich erforderlich; einzige Ausnahme bildet der Strafbefehl, der als rechtskräftiges Urteil gilt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung Einspruch eingelegt wird. Urteile werden, wenn sie nicht mehr durch Rechtsmittel angegriffen werden können, rechtskräftig. Sie können – mit Einschränkungen auch schon vor ihrer Rechtskraft – mit Zwang vollstreckt werden (Zwangsvollstreckung). Neben dem Urteil gibt es auch andere Formen gerichtlicher Entscheidungen, beispielsweise Beschlüsse, Anordnungen und Verfügungen. Im deutschen Recht ergehen Urteile im Namen des Volkes.
Ein Urteilsspruch wird manchmal auch Verdikt (von mittellateinisch: verdictum = „Wahrspruch“, zu lateinisch: vere dictum = „wahrhaft gesprochen“) genannt.
Inhaltsverzeichnis
Arten von Urteilen
Urteile lassen sich nach verschiedenen Kriterien einteilen:
Urteile im Zivilprozess
– Einteilung nach der Rechtsfolge des Urteils. Man unterscheidet:
– Leistungsurteile infolge einer Leistungsklage (Verurteilung etwa zur Zahlung von Geld, zur Herausgabe einer Sache, zur Ausführung bestimmter Arbeiten, zur Duldung oder Unterlassung bestimmter Handlungen, Abgabe einer Willenserklärung usw.); das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers wird, wenn der Schuldner dem Urteil nicht nachkommt, durch das Leistungsurteil noch nicht vollständig befriedigt, es bedarf noch einer Zwangsvollstreckung;
– Feststellungsurteile infolge einer Feststellungsklage (etwa die Feststellung, dass der Kläger in einem bestimmten Verein Mitglied sei, dass eine Kündigung unwirksam sei, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger Schadensersatz zu leisten, dass eine Urkunde echt oder unecht sei usw.); eine besondere Rolle spielt wegen der Schwäche der Rechtskraft das Zwischenfeststellungsurteil; klageabweisende Urteile sind immer Feststellungsurteile: Hier wird weiter unterschieden zwischen Prozessurteilen (Abweisung der Klage als unzulässig) und Sachurteilen (Abweisung der Klage als unbegründet). Der Unterschied zwischen Prozess- und Sachurteil liegt in der Rechtskraft.
– Gestaltungsurteile, durch die unmittelbar eine Rechtsänderung eintritt (Ehescheidung, Auflösung einer Ehe, Ausschluss eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft, Einstellung der Zwangsvollstreckung durch Vollstreckungsabwehrklage oder Drittwiderspruchsklage; Einräumung eines besseren Rangs bei einem Pfand- oder Vorzugsrecht durch Urteil infolge Klage auf vorzugsweise Befriedigung).
– Einteilung nach dem Umfang der Prozesserledigung: Man unterscheidet Vollendurteile (§ 300 ZPO), die den gesamten Rechtsstreit erledigen, Teilurteile (§ 301 ZPO), die nur einen Teil des Streitgegenstandes erledigen, und Zwischenurteile (§ 303 ZPO), die nur eine entscheidungserhebliche Vorfrage entscheiden. Besondere Formen des Zwischenurteils sind das Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage (§ 280 Abs. 2 ZPO), das Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) und das Zwischenurteil über einen Zwischenstreit mit einem nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten, nämlich über die Zurückweisung der Nebenintervention (§ 71 ZPO), über die Rückgabe von Urkunden unter Rechtsanwälten (§ 135 Abs. 2 ZPO) und über das Zeugnisverweigerungsrecht (§ 387 ZPO).
– Einteilung nach der Grundlage des Urteils: Man unterscheidet das normale streitige Urteil, das auf streitige Verhandlung der Parteien ergeht, und das unstreitige Urteil. Arten des unstreitigen Urteils sind das Versäumnisurteil (§ 330, § 331 ZPO), das aufgrund der Säumnis einer Partei gegen die säumige Partei ergeht, das Anerkenntnisurteil (§ 307 ZPO), das ergeht, wenn der Beklagte den Klageanspruch anerkennt, und das Verzichtsurteil (§ 306 ZPO), das ergeht, wenn der Kläger auf den Klageanspruch verzichtet. Die unzulässige Klage und die unschlüssige Klage (die Klage, die nach ihrem eigenen Vortrag den Klageantrag nicht rechtfertigt) wird gegen den säumigen Kläger nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch streitiges Urteil (so genanntes „unechtes Versäumnisurteil“) abgewiesen.
– Einteilung nach der Bestandskraft des Urteils: Man unterscheidet unbedingte Urteile und Vorbehaltsurteile, die später in der gleichen Instanz wieder aufgehoben werden können, weil bestimmte Einwendungen des Beklagten erst nach Erlass des Vorbehaltsurteils geprüft werden. Arten des Vorbehaltsurteils sind das Urteil unter dem Vorbehalt der Aufrechnung mit einer Gegenforderung (§ 302 ZPO) und das Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess (§ 599 ZPO), in welchem dem Beklagten die Ausführung aller Rechte vorbehalten wird, die er nicht schon im Urkundenprozess gelten machen, also mit Urkunden beweisen, konnte.
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