Wie hoch ist der Pflichtteil?
Wenn eine Person stirbt und kein Testament vorliegt, ist die Aufteilung des Erbes in Deutschland gesetzlich geregelt. Je nach Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen erhalten z. B. Kinder, Enkel oder Eltern einen im Erbrecht festgelegten Anteil des zu vererbenden Vermögens. Gleiches gilt für den überlebenden Ehepartner oder Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Für den Fall, dass der Verstorbene ein Testament verfasst hat, gelten im Hinblick auf den sogenannten Pflichtteil im deutschen Erbrecht die folgenden Regeln: Manchmal finden Personen, die ohne Testament, wie oben beschrieben, gesetzliche Erben geworden wären, gar keine oder nur eine geringe Berücksichtigung im Testament. Pflichtteil des hinterlassenen Vermögens, der dann dennoch von einer Person beansprucht werden kann, ist ein Erbanteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs.
Inhaltsverzeichnis
Testament und Pflichtteil: Regeln für Anspruchsteller und Erben
Der Anspruch auf den Pflichtteil des Erbes besteht in Deutschland keinesfalls zeitlich unbegrenzt. Geltend gemacht werden kann ein Pflichtanteilsanspruch durch eine berechtigte Person nur drei Jahre nach Eintreten des Erbfalls und Kenntnis der Verfügungen im Testament. Pflichtteile des Erbes müssen nicht unbedingt direkt ausgezahlt werden. Es besteht in zu entscheidenden Fällen die Möglichkeit einer gerichtlichen Stundung auf Antrag.
Testament Pflichtteil
Die Errichtung einer Verfügung von Todes wegen gibt künftigen Erblassern die Gelegenheit, zu Lebzeiten Einfluss auf die Erbfolge zu nehmen und zu bestimmen, wie das Nachlassverfahren nach dem eigenen Tod ablaufen soll. Das deutsche Erbrecht gibt diesbezüglich natürlich die juristischen Rahmenbedingungen vor, doch § 1937 BGB wird hierbei die Testierfreiheit zugrundegelegt. Erblassern wird auf diese Art und Weise die Möglichkeit zugesichert, durch eine letztwillige Verfügung den eigenen Nachlass regeln und die Erben bestimmen zu können. Demnach können Erblasser frei bestimmen, wer Erbe wird und wer nicht, indem sie ein ordnungsgemäßes Testament verfassen.
Auf den ersten Blick lässt der deutsche Gesetzgeber Testatoren somit freie Hand und erlaubt eine Ausübung des Eigentumsrechts auch über den eigenen Tod hinaus. Künftige Erblasser müssen in diesem Zusammenhang lediglich von ihrer Testierfreiheit Gebrauch machen und eine gewillkürte Erbfolge als Alternative zur gesetzlichen Erbfolge definieren. Gleichzeitig gilt es zu bedenken, dass die Testierfreiheit ihre Grenzen hat und das Erbrecht durchaus regulierend eingreifen kann. So kann ein Testament den Pflichtteil in keinster Weise ausschließen. Wer eine letztwillige Verfügung errichtet, muss sich aus diesem Grund bewusst machen, dass das Pflichtteilsrecht ein elementarer Bestandteil des Erbrechts ist.
Das Testament und der Pflichtteil
Das Pflichtteilsrecht grenzt die erbrechtlich zugesicherte Testierfreiheit ein und schreibt fest, dass die nächsten Angehörigen des verstorbenen Erblassers einen Anspruch auf den Pflichtteil geltend machen können. Werden Hinterbliebene, die § 2303 BGB entsprechend zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehören, im Testament des Erblassers nicht ausreichend beziehungsweise überhaupt nicht berücksichtigt, können sie sich somit auf das Pflichtteilsrecht berufen. Pflichtteilsberechtigte Erben erhalten so zumindest die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils und gehen demnach nicht vollkommen leer aus, selbst wenn der Verstorbene einen anderslautenden letzten Willen hinterlassen hat.
Für betroffene Erben erscheint der Pflichtteil als überaus sinnvoll, da er verhindert, dass die nächsten Angehörigen von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Erblasser wissen diese Regelung dahingegen für gewöhnlich nicht zu schätzen, weil sie hierdurch in ihrer Testierfreiheit eingeschränkt und mit der Tatsache konfrontiert werden, dass enterbte Personen trotz Testament oder Erbvertrag mitunter am Nachlass beteiligt werden. Der Gesetzgeber erlaubt nur in Ausnahmefällen eine Pflichtteilsentziehung gemäß § 2336 BGB, so dass Erblasser in den meisten Fällen keine Handhabe haben.
Wann ist eine Pflichtteilsentziehung möglich?
Der Pflichtteil hat durchaus seine Daseinsberechtigung und ist ein wichtiger Teil des deutschen Erbrechts, doch in Ausnahmefällen kann es mitunter unzumutbar sein, dass ein pflichtteilsberechtigter Erbe trotz Enterbung per Testament im Erbfall am Nachlass beteiligt wird. Aus diesem Grund hat der deutsche Gesetzgeber mit der Pflichtteilsentziehung gemäß § 2333 BGB eine Ausnahmeregelung geschaffen, die die Entziehung des Pflichtteils ermöglicht.
Das Erbrecht liefert so einige Gründe, die einer rechtskräftigen Pflichtteilsentziehung zugrundeliegen können. In den folgenden Fällen kann demnach auch einem Pflichtteilsberechtigten der Pflichtteil entzogen werden:
- Der pflichtteilsberechtigte Abkömmling trachtet dem Erblasser, dessen Ehegatten, einem seiner Abkömmlingen oder einer ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben.
- Der Pflichtteilsberechtigte hat seine gesetzliche Unterhaltspflicht dem Erblasser gegenüber böswillig verletzt.
- Der pflichtteilsberechtigte Abkömmling hat sich eines Verbrechens oder eines schweren Vergehens gegenüber dem Erblasser, dessen Ehegatten, einem seiner Abkömmlinge oder einer ähnlich nahestehenden Person schuldig gemacht.
- Der Pflichtteilsberechtigte wurde aufgrund einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder länger ohne Bewährung verurteilt.
Wenn es um das Pflichtteilsrecht geht, tauchen immer wieder viele Fragen auf, die sich am besten im Rahmen einer ausführlichen Beratung beim Notar oder Anwalt klären lassen. Wer von der Möglichkeit einer Pflichtteilsentziehung Gebrauch machen möchte, sollte eine solche Rechtsberatung in Anspruch nehmen und erfährt so unter anderem, dass die Pflichtteilsentziehung in der letztwilligen Verfügung erfolgen muss.